Die Anwendung von Plasma in der Industrie

Was versteht man unter Plasma?

Plasma
Plasma (Quelle: pixabay.com)

Mit steigender Temperatur/erhöhter Energiezufuhr gehen Stoffe zunächst vom festen in den flüssigen und dann in den gasförmigen Aggregatszustand über. Wird dem Gas weiter Energie zugeführt, trennen die Atome des Gases sich in ihre Bestandteile – Elektronen und Kerne – auf, das Gas wird ionisiert und geht von gasförmig in den vierten Aggregatszustand, in Plasma, über. Die Energiezufuhr erfolgt zum Beispiel durch das Anlegen einer Hochspannungsquelle. Plasma (griechisch: das Formbare) ist eine Materie mit hohem, instabilem Energieniveau.

Uns allen bekannte Beispiele für Plasmen sind etwa die Energiesparlampe oder die Neonröhre, ein elektrischer Funke, das Polarlicht an den Polen oder ein Gewitter-Blitz. Es gibt de facto keine praktisch nutzbaren natürlichen Plasmen. Daher muss ein Plasma erzeugt werden, um es technisch anwenden zu können. Künstlich erzeugtes Plasma kommt u.a. als physikalische Oberflächenvorbehandlungsmethode zum Einsatz. Eine für das Verhalten von Plasmen, aber auch für die technische Nutzung wesentliche Eigenschaft ist deren elektrische Leitfähigkeit. Weitere Parameter zur Unterscheidung von Plasmen sind Plasmadruck und Plasmatemperatur. Man unterscheidet zwischen Niederdruckplasmen, Normaldruck-/Atmosphärendruckplasmen sowie Hochdruckplasmen. Die Temperatur von Plasmen kann von einigen Tausend bis zu einigen Millionen Grad Celsius betragen.

Anwendungsmöglichkeiten von Plasmatechnologien

Verschiedene im Plasma ablaufende chemische oder physikalische Prozesse können industriell genutzt werden:

  • Plasmabildschirme und Gasentladungslampen wie etwa Energiesparlampen oder Leuchtstofflampen
  • Oberflächentechnik: in der Halbleitertechnologie (z.B. beim Ätzen oder der Materialabscheidung) sowie der Beschichtungstechnik (z.B. Verspiegelungen oder Anti-Haft-Schichten), zur Oberflächenmodifizierung (Aufrauen), Oberflächenhärtung (z.B. bei der Herstellung von Diamantschichten), Plasmareinigung, Aktivierung oder Plasmaoxidation.
  • Analysentechnik (z.B. zum Spurennachweis von Metallen)
  • Werkstoffverarbeitung: Plasmaschweißen, Funkenerodieren und Plasmaschneiden
  • Kernfusionsreaktoren (wie etwa die Kernfusionsanlage Wendelstein 7-X des Max-Planck-Institut für Plasmaphysik)
  • Plasmamedizintechnik: Desinfektion von Gegenständen oder Wunden, Coblation für chirurgische Maßnahmen

Plasmatechnologien in der Industrie


In der Industrie sind die Anwendung in der Oberflächentechnik und Werkstoffverarbeitung besonders relevant. Die erste Anwendung technischer Plasmen entwickelte im Jahre 1857 Werner von Siemens mit der Ozonröhre, die zur Steigerung der Trinkwasserqualität in Städten eingesetzt wurde. Das elektrisch erzeugte Ozon reinigte das verunreinigte Trinkwasser.

Oberflächentechnik und Werkstoffverarbeitung

Viele Branchen in der Industrie benötigen Oberflächenbehandlungssysteme für Metalle. Beispielsweise Unternehmen der Automobilbranche, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Containerindustrie, der Elektroindustrie, Industrielabore, die Luft- und Raumfahrtindustrie und viele mehr. Plasma reduziert Metalloxide, verstärkt Oberflächen, erhöht die Diffusionsklebkraft, raut Oberflächen mikroskopisch auf. Durch Plasmaaktivierung unter Niederdruck oder Atmosphärendruck werden zum Beispiel „unklebbare“ Kunststoffe wie POM, PE und PP sehr gut verkleb- oder lackierbar.

Plasma reinigt Oberflächen vor dem Beschichten

Die Behandlung von Metalloberflächen wird meist zur Reinigung eingesetzt. Hierfür hat sich Plasmabehandlung als beste Methode erwiesen. Plasmareinigung bricht organische Bindungen schwerer organischer Moleküle auf und erzeugt leichtere und flüchtigere Moleküle, die von der Oberfläche verdunsten. Es bleiben keine Rückstände auf der Oberfläche zurück, so dass diese im ultrafeinen, sauberen Zustand verbleiben. Das hier verwendete Plasma ist ein kaltes Plasma, es überhitzt die Oberfläche nicht. Die Behandlung beschränkt sich auf einen wenige Nanometer messenden Bereich an der Oberfläche und verändert die Oberfläche optisch nicht. Es werden keine giftigen Chemikalien verwendet und die vom Plasma produzierten reaktiven chemischen Stoffe zerfallen innerhalb von Millisekunden nach der Behandlung. Das macht die Plasmabehandlung sicher und umweltfreundlich.

Plasmatechnologie revolutioniert in weiten Bereichen die weiterverarbeitende Industrie.